Das schmucke Ruderboot am Anleger strahlt Sicherheit und Zuverlässigkeit aus. Gut, beim Hineinklettern schaukelt es ein wenig, aber kaum haben sich alle Insassen zu ihren Plätzen bewegt, hat auch der eigene Gleichgewichtssinn keinen Grund mehr zur Klage. Der Spaß kann also beginnen - schließlich ist rudern doch sooo einfach.

Na ja, zumindest sieht es vom fernen Ufer immer so aus. Aus der anderen Perspektive, nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche, müsste es ebenso sein, zumindest theoretisch. Vom Bug her tönen die Instruktionen: „Die Hände fest an den Rudern, dieses oberhalb der Wasseroberfläche lassen, nach vorne beugen, anschließend auf der Backbord- und der Steuerbordseite die Ruder ins Wasser stechen - gleichzeitig! - und dann kräftig nach hinten ziehen.“

Perfekt! Die Barenborg setzt sich sofort in Bewegung, wird immer schneller und gleitet fast herrlich schwerelos auf dem toten Arm des Dortmund-Ems-Kanals in Lüdinghausen. Alle Mitreisenden geben ihr Bestes. Jeder für sich macht seine Sache schon gut, aber das Zusammenspiel in der Gruppe . . .

„Die fehlende Muskelkraft haben die Anfänger recht schnell aufgebaut“, erklärt Michael Holz, Jugendwart des Rudervereins Lüdinghausen, „der Rest ist Übungssache. Es ist wirklich ein Sport für jede Altersklasse - nur Schwimmen sollte man bereits können.“

Am vergangenen Sonntag beim Tag der offenen Tür des RVLH hatten auch die Landratten einmal Gelegenheit, sich auf eine fast lautlose Weise auf dem nassen Element fortzubewegen und die Welt am Dortmund-Ems-Kanal mal aus einer anderen Sichtweise zu betrachten. Ein Angebot, das von Groß und Klein gerne angenommen wurde. Auch die WN sind mit ins Boot gestiegen.

„Die Barenborg nutzen wir hauptsächlich für Ausflugsfahrten“, erklärt Michael Holz. „Um Regatten zu fahren, dafür haben wir etwas anderes, etwas schnelleres.“ Sagts und zeigt im Keller des Bootshaus auf die Halterungen an den Wänden. Hier warten die ein-, zwei- und mehrsitzigen „Rennboote“ auf ihren Einsatz. Luxus ist das nicht: Die Sitze sind gerade mal ein DIN-A4-Blatt groß, das Boot nur wenige Millimeter breiter, hat nur wenige Zentimeter Tiefgang, ist aber schnell, sehr schnell. „Sprinter können damit kurzfristig auf bis zu 25 Stundenkilometern beschleunigen. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit liegt bei etwa 15 km/h“, verrät der Fachmann.

Damit diese Werte auch erreicht werden, haben die gut 200 Vereinsmitglieder kräftig in ihrem Kraftraum investiert, wo allerlei Gerätschaften auf ihren Trainingseinsatz warten. „Alles in Eigenregie“, berichtet voller Stolz Vorsitzender Christoph Thier. „Damit können wir auch an trüben Tagen trainieren.“

Wer gedacht hat, der Rudersport ist nur etwas für wärmere Tage, der irrt gewaltig. Fast das gesamte Jahr über sind die Freizeitsportler auf dem Wasser. Immerhin locken auf dem Dortmund-Ems-Kanal ganz besondere Ziele: entweder geht es nach „Rio“ oder zur „Nase“. Rio - Richtung Olfen, Nase - nach Senden. Mal 14 Kilometer, mal 22 Kilometer, die es zu bewältigen gilt.

Michael Holz gerät ins Schwärmen, wenn er an diese Touren auf dem Kanal denkt. Gerade auf den Passagen, an denen die Uferböschung bereits wieder vorhanden ist, macht das Rudern seiner Meinung nach besonders viel Freude. Der Wellenschlag durch die Binnenschiffe ist nicht so stark, das Boot gleitet dann einfach besser. Aufpassen ist dennoch angesagt. Selbst auf den Wasserstraßen warten zahllose Überraschungen. Gerade die renaturierten Stellen haben es dem Rotwild angetan. Sie nutzen diese, um zur anderen Uferseite zu schwimmen.

Wer Lust hat, selbst einmal in die Hände zu spucken, um per Muskelkraft über das Wasser zu gleiten, für den bietet der Ruderverein Lüdinghausen in den kommenden Wochen wieder Schnupperkurse an. Am morgigen Freitag treffen sich interessierte Erwachsene um 18 Uhr samt Sportzeug am Bootshaus. Am Sonntag (17. Mai) startet um 14.30 Uhr der Kursus für die Jüngeren. Weitere Informationen gibt es bei Michael Holz unter 01 60 - 97 70 33 93

WN, 14.05.2009

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