Was tun, wenn die Gracht, auf der man rudert, schmaler und schmaler wird und schließlich als Sackgasse unter einem achtgeschossigen Wohnhaus mitten in Amsterdam endet? Boote raus aus dem Wasser, über den Kreisverkehr tragen und auf der anderen Seite der Hauptstraße wieder einsetzen – oder einfach umdrehen. Unter den zehn Ruderern aus Lüdinghausen, die sich in das Grachtengewirr Amsterdams gewagt hatten, setzten sich letztendlich die "Realos" durch und die zwei Boote drehten um.

Für drei Rudertage führte die diesjährige Wanderfahrt des Rudervereins Lüdinghausen (RVLH) in die Amstelmetropole. Dass dabei nur ein einziges Mal falsch abgebogen wurde, spricht für die Navigationsleistung des Teams um Fahrtenleiter Rainer Nee. Die Boote Amstel und Aquarius, beides gesteuerte Vierer, stellte der Ruderclub Willem III, direkt am Fluss Amstel gelegen, zur Verfügung. Den "Amsteldreiklang" vervollständigte stilecht und folgerichtig das Feierabendgetränk gleichen Namens.

Der erste Tag führte dann über die Amstel und den Amstelkanal vorbei am Olympiastadion von 1928 in großem Bogen westlich um die City, um dann schließlich über die Prinsengracht zurück die Amstel zu erreichen. Letzteres war auch ein Vorgeschmack auf den zweiten Tag, an dem es mitten in und durch die Altstadt ging. Viele Kilometer konnten da allein wegen der Geschwindigkeitsbegrenzung von 6 km/h auf den City-Grachten nicht gerudert werden. Und selbst die wurden selten erreicht. Wegen des enormen Verkehrs an Freizeit- und Touristenbooten hieß es immer mal wieder: "Ruder halt!" bei den Rückstaus vor Brücken und an Kreuzungen. Es war ein Bootsbummel mit spektakulärer Aussicht auf Alt-Amsterdam.

Für die sportliche Note an diesem Tag sorgte ein kleiner Abstecher auf das IJ nördlich des Hauptbahnhofs, wo in einem kleinen Anflug von Größenwahn der Wettbewerb mit hochseetauglichen Großschiffen gesucht wurde. Er endete etwas feucht aber mindestens Unentschieden für die Steverstädter...

Am dritten Tag ging es dann "aufs Land". Die Gegend südlich von Amsterdam mit malerischen Durchfahrten durch die Städtchen Abcoude und Oudekerk a.d. Amstel bot viel Idylle, Windmühlen und Rudervergnügen durch tolle Naturlandschaft. Aber auch das: Als es auf offener Strecke der 30-km-Etappe galt, den Abzweig in das Flüsschen Gein zu nehmen, war dieser gesperrt: Brückenbaustelle! Zum Umkehren zu spät, eine mögliche Umfahrung zeitlich ebenfalls nicht zu schaffen, war es jetzt wirklich so weit: Boote raus, durch die Baustelle tragen und einige hundert Meter weiter wieder rein ins Wasser. Leider mit nicht so viel Publikum wie wohl auf einem Amsterdamer Kreisverkehr. Am Ende bleiben faszinierende Eindrücke aus einem spektakuläres Ruderrevier für "urbanes Rudern", ein starkes Team und sofortige Pläne für die nächste Wanderfahrt 2018.

Da muss man einfach mal anlegen

Die RVLH-Boote in Abcoude, einem Stück „Bilderbuchholland“ südlich von Amsterdam

Am Anleger des Ruderclubs Willem III in Amsterdam

Von links: Das Team vom Ruderverein Lüdinghausen, Amstel I (der Fluss), Amstel II (das Boot), nicht im Bild: Amstel III

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